Mental-Blog 19: für unsere NÖTV Spieler/innen
Die Profi-Perspektive (Hermann Tatschl)
„Dieses Virus und die Maßnahmen der Politik kosten mich noch meine sportliche Karriere! Ein neues ´Lockdown´ halte ich nicht durch! Die Krise raubt mir meinen letzten Nerv und meine Chancen!“
Solche Sprüche könnte ich hier seitenweise fortsetzen! Was jetzt so an „Postings“ durch soziale Medien geistert, gleicht fast einer zusätzlichen Pandemie! Einer steckt den anderen an! Die „Chance“, sich zu infizieren, ist bei negativen Aussagen sowieso größer! Positive Statements werden eher ignoriert oder übertönt!
Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang mit Schaudern an sogenannte „Matchanalysen“ nach Niederlagen: Alles war schlecht, nichts lief, ein Tag voller Fehler! Schande über mich! Dass es trotz der Niederlage einige Lichtpunkte gab, die den Weg in eine erfolgreiche Zukunft weisen können, wird der üblen Stimmung geopfert! „Ich will die Chancen nicht erkennen, ich will jetzt schimpfen und klagen!“
Dabei steht an jeder Ecke der weise Spruch: „Entweder ich gewinne, oder ich lerne!“ Sogar auf den Kappen und Shirts der Jammernden! Theoretisch sind wir Profis! Aber praktisch? Manche sagen: „In jeder Krise steckt eine Chance!“ Klingt theoretisch echt verlockend! Aber die Praxis….
Wer Tennis als reines „Ball über die Schnur ins Feld“ versteht, als Aneinanderreihung von Schlägen, wird die virusbedingte Bremse als Zwang zum Stillhalten empfinden. Wer aber bereit ist, alle Facetten dieser großartigen Sportart zu erkennen, ergreift genau jetzt die Chance, die nächsten Schritte zum Profi zu tun. Körperlich, intellektuell, mental und emotional!
Im Lexikon der Sportarten steht: Tennis ist ein Rückschlagspiel für zwei oder vier Personen! Basta! Dabei ist Tennis ein Mittel, als Mensch zu wachsen, sich als Persönlichkeit zu entwickeln und zu reifen! Wer das einsieht, erarbeitet sich genau jetzt einen Vorsprung, der sich irgendwann verzinsen wird. Geist, Seele und Körper wachsen auf vielerlei Weise! Kreativität kennt keinen Plafond!
Federer und Nadal, Djokovic und Murray, Williams und Kvitova, Halep und Azarenka sprechen sich bei aller Rivalität gegenseitig Dank aus. Sie wissen: Die Leiter der Entwicklung hat keine oberste Sprosse! Sie ist nach oben offen! Sie werden nicht trotz der Konkurrenz, sondern durch die Konkurrenz groß! Sie sind sich Hindernis und Chance zugleich! Körperlich, technisch, taktisch, mental und psychisch!
Begreifen wir doch das Virus und die damit verbundenen Einschränkungen sportlich. Nicht dass wir uns gleich bei ihm bedanken, das ginge doch zu weit! Nehmen wir uns aber ein Beispiel an Sportlerinnen und Sportlern mit körperlichen, mentalen oder psychischen Handicaps! Sie zeigen uns täglich vor, was trotz ihrer lebenslangen Einschränkungen möglich ist.
Wir haben zwei Möglichkeiten: Beklagen wir das, worauf wir jetzt – vorübergehend – verzichten, worin wir uns einschränken müssen? Oder öffnen wir unsere Sinne für das, was möglich ist, woran wir genau jetzt arbeiten können. Nützen wir es, um später die Zinsen dafür zu kassieren. Jede und jeder von uns hat die Möglichkeit, zwischen diesen beiden Varianten zu wählen! Theoretisch wie auch praktisch!
Liebe Grüße, Hermann
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